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Qigong im traditionellen Kungfu

Nur ein starker gesunder Körper und ein wacher ruhiger Geist können den Anforderungen eines Kampfes standhalten. Fast alle traditionellen chinesischen Kampfkünste enthalten Aspekte von Gesundheitserhaltung und von Heilung. Deshalb beinhaltet Kungfu meist auch Qigongübungen egal ob dieses einem äusseren oder inneren Stil zugeordnet ist.
Im traditionellen Kungfu wird oftmals ein Unterschied zwischen äusseren und inneren Stilen oder auch auch weichen (südlich) oder harten, körperbetonteren Stilen (nördlich) gemacht. Taiji, Bagua, Xing- Yi gelten als innere Stile. Das bekannte Shaolin Kungfu, oder Bajiquan werden eher als äussere Stile bezeichnet. Die Grenzen sind sehr fliessend und die Unterschiede nicht allzu dogmatisch zu interpretieren.

Von Aussen nach Innen

Äussere Schulung beinhaltet verschiedene Stellungen, Blocks, Techniken mit verschiedensten Körperteilen (Faust, Ellbogen, Knie etc), Hebeltechniken, Würfe. Das Training der Form kann als Übergang von der äusseren zur inneren Schulung zu betrachtet werden. Im repetitiven Formtraining wird die optimale Körpermechanik in der Bewegung, sowie übergreifende Prinzipien des jeweiligen Stils, aber auch energetische Aspekte geschult. Wer sehr viel Form übt, verinnerlicht diese übergreifenden Prinzipien mit den Jahren und kann diese später bei erlernten Techniken so einsetzen, so dass diese wirklich effektiv werden.
Innere Schulung basiert auf dem Wissen der chinesischen Medizin und daoistischen respektive buddhistischen Meditationspraktiken. Innere Schulung bezieht energetische Aspekte also Qigongübungen im Training ein. Wer z.B. Kenntnisse in der tradtionellen chinesischen Medizin hat, weiss welche Vitalpunkte er|sie für den Kampf oder zur Heilung einsetzen kann.

Energetische Aspekte werden je nach Stil unterschiedlich gewichtet. Doch sogar in einem harten Stil wie Kaimen Baji werden Formen von Zhanzhuang (stehende Säule, Pfahlübungen, Stehmeditation) trainiert, welche eine der ältesten und innersten Qigongübungen überhaupt ist.
Dabei wird über einen längeren Zeitraum eine bestimmte Haltung eingenommen. Obwohl diese Übung je nach Position (Tiefe der Stellung) körperlich sehr hart sein kann wird ein ruhiger und klarer Geistes- und ein entspannter Gesamtzustand des Körpers angestrebt. Die Positionen im Zhanzhuang  können mehr oder weniger anwendungsbezogen ausgeführt werden. Die unterschiedlichen Stehmeditationen entwickeln sowohl das Gleichgewicht, als auch Stärke und fördern den Willen und die innere Ruhe. In einigen Kungfusystemen mussten Schüler*innen über Jahre stehen, bevor sie in Kampftechniken eingeweiht wurden.
Die Stehmeditationen in unterschiedlichen Systemen dienen zur Integration von Geist und Körper, der Entwicklung von Gleichgewicht und Kampfkraft und sollen schlussendlich zu einem überlegenen Geist im Kampf führen.

Es gibt fünf Kategorien der Wirkung von unterschiedlichsten Qigongübungen in den chinesischen Kampfkünsten

  • Körperlich: Die Muskeln, Sehen, Bändern und Knochen werden gestärkt. Der Körper bleibt bis ins hohe Alter beweglich.
  • Energetisch: Der Energiefluss verbessert sich. Krankheiten und Verletzungen werden verhindert. Der Mensch beginnt die Kräfte zwischen Himmel und Erde zu verstehen und sie in seinem Körper zu kontrollieren.
  • Intellektuell: Durch die Erhöhung der Konzentration können Aufgaben konsequenter gelöst werden.
  • Seelisch: Die Emotionen sind ausgeglichen. Dies führt zu innerem Frieden und Zufriedenheit
  • Geistig: Der persönliche Wachstum, Weisheit und das intuitive Verstehen werden gefördert.

So unterschiedlich die Wirkungen von Qigong im Kungfu sind, so unterschiedlich sind auch die Übungssysteme von Qigong. In einigen Tierstilen werden sowohl äusserliche körperbetonte Aspekte geschult, als auch innere, welchen den Energiefluss fördern. Es gibt wie oben beschrieben die Stehmeditation, aber auch sitzende Meditationen, während denen energetische Kreisläufe geübt oder Stille praktiziert wird. Techniken welche über den korrekten Atemausstoss die Kraft aus dem Dantian aufbauen, um eine verbesserte Kraftübertragung auf einen Punkt zu bündeln (Bsp. Faustschlag) gehören ebenso zum Qigong.

(Dieser Text ist eine Zusammenfassung von Bernhard Urbachs Text und ist auf der Webseite der deutschen Qigonggesellschaft zu finden.)