Chen Xiaowang – die wahre Natur von Taijiquan
Das Kapitel von Chen Xiaowang, aus dem Buch Chen Taijiquan: Masters and Methods, wurde mit der Genehmigung der Autoren Davidine Siaw Voon Sim und David Gaffney auf Deutsch übersetzt.
Chen Xiaowang spricht in den Interviews im Buch über das Konzept von Taiji und was Yin und Yang bedeuten und wie Taiji kulturell in der chinesischen Kultur eingebettet ist. Der Artikel ist reich an Hinweisen dazu, wie wir trainieren sollten und wo Fehlerquellen lauern. Zudem werden viele technische Konzepte erläutert und natürlich erfährt man auch etwas zu der Person Chen Xiaowang.
Wir haben diesen Text mit bestem Wissen und Gewissen übersetzt. Vom taijitechnischen Standpunkt aus, haben wir hoffentlich die Finessen verstanden und korrekt interpretiert. Die passenden Worte zu finden, war oftmals eine schwierige Aufgabe. Chen Xiaowang hat mündlich geantwortet und die englische Version gibt dies so wieder. Der Text ist also nicht perfekt formuliert, umso mehr kommt es auf die dichten Inhalte an.
Die Übersetzung könnte sicher viel besser gemacht werden und wir sind dankbar für Hinweise, wenn jemand Fehler findet oder passendere Worte, um etwas zu beschreiben.
Dann meldet euch bitte bei uns.
Masters and Methods, Kapitel Chen Xiaowang – Die wahre Natur von Taijiquan
Aufgrund seines Potentials für schnelle Wechsel, besitzt Taijiquan unlimitierte Möglichkeiten, welche es zu einer unergründlichen und beeindruckenden Kampfkunst machen.
Chen Xiaowang ist der Sohn von Chen Zhaoxu und der Grossohn von Chen Fake, dem bekannten Meister aus der siebzehnten Generation. Er wurde 1945 in Chenjiagou geboren und hat ab dem siebten Lebensjahr angefangen, die Kunst seiner Familie zu studieren. Die zwei Lehrer, welche am meisten Einfluss auf ihn hatten waren seine Onkel Chen Zhaopi und Chen Zhaokui, er sagt aber, dass er seine ursprüngliche Einführung in die Kunst mit seinem Vater hatte, welcher gestorben ist, als er noch sehr jung war. Durch seine Entschlossenheit und Verbissenheit hat sich Chen Xiaowang in den Reihen seiner Zeitgenossen abgehoben und wurde zur bekanntesten Person im Chen Taijiquan, sowohl in China als auch im Ausland.
In den frühen Achtzigerjahren hat er bei Wettkämpfen an Nationalen Turnieren drei aufeinanderfolgende Male die Goldmedaille gewonnen. Und auch 1985 am ersten Internationalen Wushu Wettkampf in Xian. Mitte der Achtzigerjahre begann er in Japan, Singapore und Malaysia international zu unterrichten. 1990 hat er China verlassen, um in Australien zu leben und begann die Kunst seiner Familie auf der ganzen Welt zu fördern. Er ist vielleicht mehr als jeder andere verantwortlich für die Verbreitung des Chen Tajiquan im Westen.
Wir (Davidine Siaw Voon Sim & David Gaffney) haben Chen Xiaowang zum ersten Mal getroffen, als wir an einem Vortrag, gefolgt von einer kurzen Vorführung des kraftvollen und explosivem Fajin des Chen Taijiquan teilgenommen haben. «Nachdem ich für 15 Jahre die externen Kampfkünste unter verschiedenen talentierten japanischen und westlichen Lehrern trainiert habe, ging mir ein Licht auf, was erreicht werden könnte, wenn man dem weichen Pfad folgt.» (David Gaffneys erster Eindruck von Chen Taiji). Seit diesem ersten Treffen haben wir an vielen Seminaren Chen Xiaowangs auf seinen Unterrichtstouren durch die Schweiz, Polen, Italien und die Tschechoslowakei teilgenommen.
Wir haben ihn mehrere Male eingeladen, an unserer Schule zu unterrichten. Er hat bei uns zuhause gelebt und es war unbezahlbar, diesen Mann ausserhalb der Öffentlichkeit kennenzulernen, da wir viel freier über sein Leben und seine Erfahrungen sprechen konnten.
Chen Xiawoang ist sorgfältig, in allem was er macht und diese Eigenschaft wirkt sich auch auf seine alltäglichen Aktivitäten aus. Ob es Porridge oder «Jiaozi» (Teigtaschen) kochen war oder beim Kalligraphie praktizieren, jedes Detail musste richtig sein. Er hat zum Beispiel zwischen dem Unterrichten in der freien Zeit sehr viel Kalligraphie praktiziert und alle Werke wurden im ganzen Haus zum Trocknen aufgehängt. Er hat sie aus jedem Winkel geprüft, bevor diejenigen, welche seinem Standard nicht genügten, weggeworfen wurden. Dies waren manchmal die meisten.
Genau gleich ist er mit seiner Praxis im Taijiquan umgegangen, wo wir beobachtet haben, wie er Seidenübungen im Garten gemacht hat und immer wieder winzige Anpassungen seines Körpers vorgenommen hat.
Nun, in seinen siebziger Jahren ist Chen Xiaowang zurückgekehrt, um in China zu leben. Im Jahr 2009 waren wir eingeladen, nach zwei Jahrzehnten Abwesenheit in seinem Geburtsland, seinem ersten Seminar, welches für einheimische Chinesen in Chenjiagou durchgeführt wurde, teilzunehmen. Es hat gezeigt, wie viel Glück wir Praktizierenden im Westen hatten, besonders in den frühen Jahren, als er jünger und aufgrund seiner zermürbenden Reiseroutine weniger ermüdet war.
Das folgende Kapitel basiert auf verschiedenen Interviews und Artikel in Medien über chinesische Kampfkunst, von welchen er empfohlen hat, dass diese seine Gedanken über das Praktizieren und die Methode von Chen Taijiquan am besten wiedergeben.
Das Trainiern von Taiji ist weit verbreitet in China, aber im Westen verstehen die Leute oftmals nicht, was es umfasst. Kannst du das Konzept von Taijiquan erklären?
CXW: Um Taiji zu erklären muss man seine Herkunft verstehen, welche auf der Taiji Philosophie basiert. Alles in der chinesischen Kultur kann auf das Yin – Yang Prinzip zurück geführt werden. Es ist wie die Sonne, die mit ihren Strahlen alles einschliesst auf der Welt, wie ein Wald mit vielen verschiedenen Arten von Bäumen, welche in ihm wachsen. Taijiquan ist wie ein Baum in diesem Wald. Nehme zum Beispiel die Kalligraphie: Es gibt viele Leute, welche nicht realisieren, dass diese auch mit dem Yin-Yang Prinzip verbunden ist. Die starken Striche entsprechen Yin, die leichten Yang. Der Teil des Papiers auf den gezeichnet wurde entspricht Yin, während die unbemalten Teile dem Yang entsprechen und zusammen ein grosses Ganzes formen.
Sogar die heutige Wirtschaft kann so betrachtet werden. Wenn sie fällt, ist dies eine Yin-Periode, und wenn sie gut ist, ist es eine Yang Periode. Es gibt immer Ebbe und Fluten. Es gibt nichts, was für immer runter geht und ebenso wenig geht etwas für immer nach oben. In Bezug auf Taijiquan, bedeutet ein Kraftausstoss (Fajin) Yang und Kraft speichern oder sammeln Yin, Bewegung die aufwärts geht ist Yang, während Bewegungen, die nach unten führen Yin sind; vorwärts Bewegungen sind Yang, sich zurückziehen ist Yin.
Alles in der Welt folgt dem Yin- Yang Prinzip, inklusive Taijiquan. Die Yin- Yang Philosophie beinhaltet festgelegte Regeln und sowohl Bewegungs- als auch Fortschrittskonzepte. Dies zu Studieren und zu Verstehen wird helfen, Taiji auf einem tieferen Level zu verstehen. Alle die Bewegungen, die Seidenübungen, die Richtungen und die Aktionen folgen den Prozessen welche in Yin- Yang enthalten sind.
Kannst du ein bisschen über das Verhältnis von Taijiquan und der Theorie der Chinesischen Medizin erzählen?
CXW: Taiji ist sehr stark mit der chinesischen Medizin verbunden. In der chinesischen Medizin geht es darum, dass die Energie (Qi) ohne Blockaden, im Körper frei fliessen kann. Blockaden verursachen Krankheit. Im Taiji ist es das Gleiche. Das Ziel in der Taiji Bewegung ist es, alle unnatürlichen Aspekte während jeder Aktion loszuwerden. Das erste Prinzip ist also, natürlich zu sein. Natürlich in diesem Zusammenhang heisst dies, dass jeder Körperteil und Körperabschnitt das macht, was er korrekterweise machen sollte, ohne Hindernis. Wenn man dieses erste Prinzip erfüllt, bedeutet dies, dass du Taiji gut machst. Je besser du dich so bewegen kannst, desto besser wird dein Taiji werden. Es gibt einen Spruch in der Theorie der chinesischen Medizin: « Wenn alles fliesst, gibt es keine Schmerzen. Es gibt Schmerzen wenn nicht alles fliessen kann.» Dies ist das Gleiche im Taiji. Deine Technik wird nicht funktionieren, wenn du dich nicht frei von Hindernissen (Blockaden -Verspannungen) bewegen kannst.
Im Bewegungssystem von Taiji, wird das Dantian gebraucht, um alle Bewegungen auszulösen. Dies wird beschrieben in den traditionellen Aussagen: « Qi sinkt ins Dantian» und « die Dantianregion ist das « Zentrum». Drei Finger unter dem Nabel, im Körperinnern gelegen, sollte man sich das Dantian als einen Ball vorstellen, nicht als einen Punkt. Innerhalb dieser kreisförmigen Kugel liegt das Körperzentrum. Wenn dieser Ball rotiert wird, ist er sehr balanciert und entspricht exakt mit dem Körperzentrum (Körperschwerpunkt). Wenn es sich dreht, geschieht somit alles was aus diesem Kern nach aussen übertragen wird, die Arme hoch, die Beine runter und nach draussen zum Rest des Körpers in balancierter Art und Weise.
Taiji basiert auf der Meridiantheorie der traditionellen chinesischen Medizin. Das Dantian ist der Ort, wo viele Meridiane und viele Nerven aufeinander treffen. Deshalb ist es ein sehr sensibler Körperabschnitt. Leute wissen, dass, wenn das Herz- Kreislaufsystem normal funktioniert, der Körper gesund ist. Jede Bewegung entspringt aus der Dantianregion und jedes Gelenk (Bewegung – Position ) muss wiederum das Dantian unterstützen. Deshalb müssen wir zuerst das Dantianfinden. Ohne dies, ist es sehr schwierig die im Taiji erforderliche integrierte Ganzkörperbewegung auszuführen. Wenn wir diesen Körperteil bewegen, aktiviert dies alle anderen Körperteile. (ein Teil bewegt sich – jeder Teil bewegt sich) . Das bedeutet nicht, dass wenn eine Hand sich bewegt, sich die andere Hand zur gleichen Zeit bewegt, sondern, weil sich das Zentrum bewegt setzt sich diese Bewegung in allen anderen Körperteilen fort.
Wenn du diesem Kernprinzip folgst in deinem Alltag, sei dies in der chinesischen Medizin oder im Taiji, dann folgst du dem richtigen Pfad. Das Prinzip der chinesischen Medizin und des Taiji ist das Gleiche, die Anwendungen davon sind anders. Die fünf Elemente in der chinesischen Medizin werden zum Beispiel auf die fünf Organe angewendet. Im Taiji beziehen sie sich auf die fünf Schritte : vorwärts, rückwärts, links, rechts, mitte.
Es gibt einen unsichtbaren Blueprint (Entwurf) in jedem Menschen mit greifbaren Körperfunktionen und ungreifbarer Hirnaktivität. Ungleichgewichte über längere Zeitdauer führen zu physischen Krankheiten. Physische Krankheit kann auch zu langfristigen Geisteskrankheiten (mentale Probleme) führen. Dies kann zu einem Teufelskreis werden.
Durch die Dualität von Yin und Yang kann Taiji eine wichtige Rolle übernehmen um körperliche und mentale Gesundheit zu kultivieren. Taijitraining hilft, die physische und mentale Balance eines Menschen aufrecht zu erhalten und unterstützt seine Denkweise, so dass dieser seine Life- Work-Balance aufrechterhalten möchte. Somit schützt es uns vor psychischen Krankheiten.
Was ist der effektivste Ansatz, um sich dem Taijitraining anzunähern, wenn man das bestmögliche Resultat erzielen möchte?
CXW: Zu Beginn ist das Üben an eine Reihe von bestimmten Fehlern gebunden, von denen einige grosse Fehler sein können. Aber das ist akzeptierbar. Wenn Jemand fortschreitet in seiner Praxis, gilt der Anspruch, dass sogar der kleinste Fehler ausgemerzt wird, den ganzen Weg lang, bis zum fünften Level. In dem Fall hat jemand den Gipfel erreicht, weil der Höhepunkt des Taiji ist unübertrefflich.
Leute sagen, dass Taijiquan eine umfangreiche und tiefgründige Kunst ist und dass es schwierig zu fassen ist. Aber es ist keine unüberwindbare Aufgabe und kann erreicht werden, wenn die vorgeschriebene Reihenfolge eingehalten wird und Schritt für Schritt vorangeschritten wird – auf die gleiche Art, wie jemand zur Schule geht, voranschreitend vom ersten Jahr zum Zweiten und zum Dritten. Die Trainingsmethoden, welche von Trainierenden mit grossen Fähigkeiten der vorangehenden Generationen überliefert wurden, weisen den Weg für die heutigen Lernenden. Sie zeigen den Weg, um einen hohen Level zu erreichen, genauso wie eine Landkarte den Weg an einen Ort aufzeigt. Schüler müssen dies Schritt für Schritt üben; sonst werden sie nie imstande sein, höhere Stufen des Trainings zu erreichen. Genauso wie eine Karte allein nicht zum Gipfel führt, musst du Ausdauer haben und Willenskraft und dich bemühen, um dorthin zu kommen.
Wenn du zuerst mit dem Training der Form beginnst, solltest du die Natürlichkeit an vorderster Stelle haben. Die Höhe deines Standes sollte festgesetzt werden, im Zusammenhang, wie du dich nach dem Training fühlst. Zu anstrengend, zu erschöpft befürworte ich nicht. Du solltest dich eher leicht gestretched fühlen. Ungeduld ist hier kein guter Begleiter. Damit du die Form (Rahmen) aufbauen kannst musst du trainieren, bis du dich exakt an die Bewegungsabfolge erinnern kannst. Du solltest genau wissen, wo die Hände und Füsse sein sollten. Lerne zuerst die Form und übe sie, bis du vertraut mit ihr bist. Danach beginne damit Widersprüche und Abweichen in jeder Bewegung, welche nicht den Anforderungen genügt aufzulösen. Versuche die Anzahl Fehler zu reduzieren. Dies bedeutet, dass du viel harte Arbeit investieren musst.
Wenn du anfängst mit dem Üben, sollten deine Bewegungen langsam sein und gross, so dass Energie fliessen kann. Am besten ist es ohne Eile, mit langsamen und entspannten Bewegungen zu üben. So erlaubst du dem Qi (Energie), dass es sich natürlich bewegt und logischerweise beginnt sich zu verbinden. Wenn die Korrekturen ein bestimmtes Niveau erreichen und dein Qi ist durchgehend verbunden, dann bedeutet dies «Da Quan» (Grosse Faust – hohes Niveau). Wenn Bewegungen zu schnell sind, wird die Form zwangsläufig ungeordnet. Damit sich deine Form verbessert, musst du überflüssige Bewegungen reduzieren. Allmählich werden die Kreise von gross, zu mittel, zu klein, zu unsichtbar für einen Beobachter.
Taiji Jin (trainierte Kraft) entsteht aus Kreisförmigkeit, kombiniert und abgewechselt von substantiellen und unsubstanziellen Aspekten mit dem darunterliegenden Prinzip, dass eine Bewegung, alle Bewegungen aktiviert. Bewegungen verbinden den ganzen Körper, Körperteil für Körperteil des Skeletts, mit Qi verknüpft, welches alles durch fliesst. Mit der Zeit wird es möglich die Myriaden von Wechseln und die Übergänge aus den unterschiedlichen Winkeln und Richtungen der Form zu erkennen, wie zum Beispiel die Vorwärtsrichtung in Jin Gang Dao Dui und die rechts – links Richtungen von Lan Zha Yi und Dan Bian.
Warum entspannt, langsam und locker (auf Song – entspannt, Rou – weich, biegsam und Man- langsam) trainieren, wenn wir uns später mit grosser Schnelligkeit und Kraft bewegen müssen?
CXW: Wie vorher schon gesagt, die Langsamkeit dient dazu nach und nach das Dantian als Körperkern zu etablieren. Dies ist nötig, damit wir dem Prinzip, bei welchem sich ein Körperteil bewegt, sich auch alle andere Körperteile mitbewegen müssen, gerecht werden. Ein Körperabschnitt verbunden mit dem Nächsten und mit Qi welches durchgehend ungebrochen fliessen muss. Wenn sich dieses Bewegungssystem etabliert hat, kann es unter allen Bedingungen adaptiert werden, je nach Angriff des Gegners. In der Essenz geht es darum, das Zentrum (die Balance) nicht zu verlieren.
In der Praxis, ist es so, dass in dem Moment, wo der Gegner attackiert, diese Angriffsgeschwindigkeit in die eigene Bewegungskraft umgewandelt werden kann. Neulernende müssen deshalb auf Basis von Langsamkeit mit ihrem Training beginnen, damit sie letztlich den Zustand erreichen, wo ihre Bewegung «langsam, aber nicht gebrochen, schnell, aber nicht zerstreut» werden. Ohne dieses Bewegungssystem etabliert zu haben, kann nie wahre Geschwindigkeit eingesetzt werden.
Ein Individuum muss sich entspannen, um seine Koordination zu verbessern und damit dem Bewegungsprinzip gerecht zu werden. In Bezug auf die Entspannung, stellt der erste wichtige Punkt dar, dass Entspannung alleine nicht genügt. Wenn die Position unkorrekt ist, kann der Körper sich nicht entspannen. Wenn die Position korrigiert worden ist, stellt sich die Frage, in welchem Ausmass sich eine Person entspannen muss? Um klar zu sein: zu viel Entspannung ist auch ein Fehler. Je entspannter, desto besser, ist hier nicht der Fall. Wenn man zu entspannt ist, kann der Fehler von «Diu» (verlieren) begangen werden.
Um alles zusammenzufassen: Dieses Bewegungsprinzip ist das Fundament. Wendigkeit entsteht, wenn Fehler reduziert werden und die Bewegungen mit dem Inneren verbunden sind und sich der Praktizierende nicht mehr auf rohe Kraft verlässt. Wenn der Level erreicht wird, wo das Dantian als Zentrum dient und der Ober- und auch der Unterkörper sich zusammen bewegen und sich dann das Dantian bewegt, kann man davon sprechen, dass sich der ganze Körper im Einklang bewegt.
Die Taijitheorie verweist oft auf die Integration von «Gang» (hart) und «Rou» (weich). Was bedeutet dies für die Praxis?
CXW: Dies ist ein Thema, welches nicht einfach zu verstehen ist und sorgfältiger Überlegung bedarf. Um zu starten, mit Gangmeinen wir Fa Jin (explosiver Kraftausstoss). Wir müssen den Unterschied zwischen genereller steifer Kraft und der Härte, wie wir sie im Taiji verstehen kennen. Um eine Kraft als Gang Jin (harte Kraft) ausführen zu können, müssen die körperlichen Anforderungen und das Einhalten des Taijiprinzips erfüllt sein. Wie vorher erwähnt, wenn ein Körperteil sich bewegt, müssen sich alle Körperteile bewegen und alle bewegen sich mit Qi welches ohne Unterbrüche frei fliessen muss. Wenn ich zum Beispiel eine Fa Jin Bewegung mache, fühlt sich die Jin Kraft aus einer integrierten Ganzkörperbewegung total anders an, als wenn nur lokalisierte Kraft (z.B. Armmuskulatur) gebraucht wird. Gang Jin bedarf der Kraft aus dem ganzen Körper, welche auf einen Punkt konzentriert wird.
Die Charakterisierung des Fa Li (Kraft freisetzen) im Chen Taijiquan kann durch die folgenden vier Aspekte zusammengefasst werden: Song, Huo, Tan, Dou (entspannt, lebhaft, federnd, schüttelnd). Vor dem Fali muss der ganze Körper entspannt sein, ohne zu entspannt zu sein und alle Körperteile müssen in der richtigen Position sein. Die Zeit, welche es braucht um Kraft freizusetzen, sollte so schnell wie möglich sein.
«Weich bändigt weich»
Das Rou (weich) im Taijiquan bezieht sich auf langsames und «Huan» transformierendes Bewegen. Dies kann sich auf viele Arten manifestieren. Wenn z.B. ein Gegner keine Kraft braucht und ich auch keine Kraft brauche, wird das Ergebnis davon abhängen, welcher von uns die bessere Fähigkeit zu absorbieren hat. Ein Individuum mit einem hohen Level und Absorbierungsfähigkeit kann die Wechsel eines Gegners fühlen und die Möglichkeit nutzen, deren Zentrum zu fassen und Fa Li (Explosivkraft) auszustossen. Dies ist ein Beispiel dafür, wie «weich, weich bändigt». Der Gegner ist weich, ich bin noch weicher und spüre sogar, kleinste Veränderungen in ihm und bin immer noch fähig, ihn zu führen und wechseln.
«Weich absorbieren, hart abgeben»
Taijiquan hat das Sprichwort dass wir «Bewegung mit Stille handhaben sollten». Bevor wir versuchen zuerst zu schlagen, versuchen wir den Angriff des Gegners umzuwandeln und aufzulösen und gleichzeitig unser eigenes Bewegungsprinzip aufrechtzuerhalten. Dies bedeutet, dass man eine gegnerische Kraft, wenn sie auf einem zukommt, erkennt und spüren kann, aus welchem Winkel und in welcher Richtung die Kraft kommt, um diese dann zu harmonisieren und umzuwandeln («huan» transformieren) und uns ihr anzupassen.
Wenn ein Gegner angreift, benutzen wir Weichheit um seine Kraftlinie des Angriffs aufzulösen – dies bedeutet zu absorbieren. Im Moment, wo die gegnerische Balance gestört wird, schlagen wir mit hartem Jin, greifen an, auf den Körperteil, der verletzlich ist. Diese Methode ist bekannt als «Weich absorbieren, hart abgeben». Im Prozess einen Gegner zu führen (neutralisieren), gibt es gleichzeitig einen Prozess des Energiespeicherns. Dies ist ein wichtiger Punkt – absorbieren ist gleichzeitig der Prozess des Speicherns. So können wir, wenn wir den schwachen Punkt des Gegners gefunden haben, sofort Explosivkraft (Fali) anwenden.
Während die Maxime, Bewegung mit Ruhe zu behandeln, weithin zitiert wird, ist es dennoch nicht eine fixe Regel. Wenn zum Beispiel keine der Parteien sich bewegt, haben wir eine Pattsituation. In diesem Fall kann man mit einer überraschenden Bewegung gewinnen. Wenn man den schwachen Punkt des Gegners lokalisiert hat, kann man zuerst angreifen. Sogar wenn ein Gegner sich nicht bewegt, kann ich mich bewegen.
«Hart überwindet hart»
Es gibt auch die Situation wo beide Parteien gleichzeitig Explosivkraft (Fa Jin) anwenden. Jetzt ist das Ergebnis abhängig davon, wie der relative Level des harten Jin ist – der Gewinner ist derjenige, welcher das bessere harte Jin hat. Wenn beide Fa Jin ausüben und das Niveau des Gegners ist schlecht, wird er leicht umgestossen werden – es kommt schlussendlich darauf an, welcher die besseren Basisfähigkeiten hat. Wenn ein Gegner viel stärker ist als der andere, ist das Resultat wieder das gleiche: hart kann hart überwinden.
Viele Leute, trainiere Taijiquan über eine lange Zeit, aber schienen keine bedeutende Fortschritte zu machen. Warum denkst du, dass die so ist?
CXW: Viele Chen Stil Taijiquan Bücher legen grossen Wert auf Kampfmethoden auf hohem Niveau und die strikten Körperanforderungen des Trainingssystems. Diese sind gut, aber es hat wenig Bücher, die sich an die Bedürfnisse von Anfänger oder mittlerer Level Lernende wenden. Auf niedrigerer Stufe können Lernende oftmals diese Theorien nicht selber am eigenen Körper erfahren. Es haben nur Lernende, die einen gewisse Kompetenz aufweisen, die Fähigkeit die Richtlinien einzuhalten, um ihre Fehler und Mängel zu beheben. Es ist das gleiche wie, wenn man Primarschülern einen Universitätstext zu lesen gäbe. Dies verhindert einen normalen Fortschritt. Solche Leute sind oft sehr theoriegebunden und sind verwirrt, wenn sie üben. Als ein Resultat verlieren sie ihr Vertrauen und hören auf, Taiji zu praktizieren.
Ein Lehrer muss wissen, was angemessen und korrekt ist für eine Person mit einem bestimmten Level. Es muss eine Methode, benutzt werden, die geeignet und nachhaltig ist.
Nur auf diese Art und Weise kann jemand nach und nach erfolgreich Fortschritte machen und den Level erhöhen. Wenn jemand falsch trainiert, wird er nicht den ganzen Nutzen, welcher Taiji Training zu bieten hat erreichen. Während der Anfängerstufe scheitert jeder daran, korrektes Taiji zu praktizieren.
Allgemein gesagt, gibt es zwei Formen von falschem Üben.
Erstens gibt es Lernende, welche die Bewegungsprinzipien verstanden haben, aber noch nicht fähig sind, diese korrekt auszuführen. Die Lösung, dies zu überwinden, ist schlicht gesagt Zeit und fleissiges Üben. Da die Anforderungen verstanden worden sind, ist es eine Frage der Repetition. Wenn man die Bewegungen immer und immer wieder macht, bewegt man sich langsam in Richtung korrektem Standard. Wenn man die Prinzipien verstanden hat, ist eine allmähliche Verbesserung unvermeidlich. Man muss akzeptieren, dass sich die Fähigkeiten im Laufe der Zeit verbessern und sich durch verschiedene Level bewegen. Wenn man nicht zuerst gründlich die Grundlagen gemeistert hat, kann ein fortgeschrittener Level nicht erreicht werden. Ein Lernender der jeden Level der Chen Taiji Praxis begriffen und integriert hat und die Disziplin und die Ressourcen hat, die nötige Zeit zu investieren, kann das ganze System lernen.
Die Zweite Kategorie von falschem Üben ist problematischer. In diesem Fall denken die Lernenden, dass sie die korrekten Bewegungsprinzipien verstanden haben, aber in Wirklichkeit damit gescheitert sind. Diese Praktizierenden können niemals Fortschritte machen. Wenn sie mehr und mehr trainieren, kommen sie immer weiter vom korrekten Weg ab. Unglücklicherweise geschieht dies sehr häufig und es gibt viele Leute, welche, obwohl sie lange Zeit trainieren, am Basisstandard von Taiji scheitern.
Zu Beginn sollte man verstehen, dass Taiji beides ist, eine Wissenschaft und eine Kunst. Jung, oder alt, gross oder klein, schwach oder stark, jeder kann einen Nutzen aus seiner Taiji Praxis ziehen. Durch die Berücksichtigung der eigenen Körperstruktur, Kraft Beweglichkeit können Praktizierende eine geeignete Tiefe und Weite ihres Standes erreichen. Vor allem muss darauf geachtet werden, die Bewegungen nicht zu forcieren.
Lernenden wird konsequent gesagt, dass es nicht nützlich ist Anwendungen aus der Form zu lernen. Wie können sie etwas über die Funktionalität der Bewegungen innerhalb der Form lernen?
CXW: meine Antwort wäre:
- Brauche deine eigene Intelligenz
- Führe deine eigene Energie
- Übe, als ob jemand vor dir stehen würde, obwohl niemand vor dir steht.
Die Stufen im Taijitraining sind so, dass zuerst die Form trainiert wird, als Zweites das Qi und als Drittes die Funktionaliät, indem man sich einen Gegner vor sich vorstellt und sich überlegt, ob die Bewegungen nützlich (anwendbar) sind. Auf diese Art trainierst du, als ob du dich in einer Kampfsituation befinden würdest. Aber ich würde davor warnen, dies in den ersten Stufen des Trainings so zu machen. Da die Form noch nicht vertraut ist und das Qi nicht verbunden ist, ergibt es keinen Sinn, sich auf einen Aspekt zu konzentrieren. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass man einen anderen Aspekt dann verliert. Wenn du dich zum Beispiel nur auf deine Extremitäten konzentrierst, wird die Methode des Körpers übersehen und die Gesamtfunktion verloren. Dies kann dir sogar schaden.
Der Lernprozess verlangt Geduld. Am Anfang geht es darum, so entspannt wie nur möglich zu sein. Auf dieser Stufe ist es ok, wenn man nur einige Bewegungen gut macht. Der nächste Schritt besteht darin, zu untersuchen, wie man sich verbindet und alles zusammenfliessen lässt, um dann diesen Aspekt des Könnens zu trainieren. Ohne bewusste Anstrengung erwirbst du so Kampffähigkeiten und beginnst auf natürliche Weise die Funktionalität zu verstehen und die Fähigkeit zu entwickeln dein Können zu nutzen. Funktionalität beruht auf korrektem Verständnis und oftmals verstehst du, ohne dass es dir gesagt wird. Ohne dieses Verständnis wird eine Anwendung in Echtzeit nutzlos sein, sogar, wenn sie dir beigebracht wurde. Wie erkläre ich das? Wenn ein Gegner angreift, hat man keine Zeit, sich zu überlegen, welche Technik nutzen könnte. Wenn ich etwas überlegen muss, ist es schon zu spät. Aber der Körper erinnert sich. Wenn das Training korrekt und präzise ist, wird deine natürliche Reaktion effektiv sein. Ist das Lernen von Anwendungen wichtig? Nein, ist es nicht! Wenn du korrekt trainierst, entwickelt dein Körper instinktives Wissen. Sogar wenn du Zehntausend Anwendungen lernst, solange sie nicht auf den korrekten Prinzipien basieren, werden sie nicht funktionieren. Auf einem bestimmten Level mag es gut sein, einige Techniken zu kennen, aber, wenn du die korrekten Bewegungsprinzipien verstanden hast, ist eine instinktive Reaktion immer am besten.
Wir haben dich sprechen gehört über die Beziehung und die verschiedenen Funktionen der zwei Hände im Taijiquan. Deine Antwort wird für die Leser*innen von grossem Interesse sein.
CXW: Die Beziehung und die Koordination der zwei Hände ist von entscheidender Bedeutung in der Anwendung des Taiji als Kampfkunst. Das Vermögen des Systems für einen Gegner dauernd eine Leere und ein Gefühl der Instabilität zu kreieren hat grösstenteils damit zu tun wie die Hände zueinander stehen. Ihre Synchronisation befähigt eine Person effektiv den Gegner zu kontrollieren und eine Situation zu erzeugen, wo sich diese selbst immer in der besseren und der Gegner immer in der benachteiligten Position befindet. Die Koordination der beiden Hände ermöglicht jemanden diese Anforderung «sich selbst aufzugeben und jemand anderem zu folgen» umzusetzen, um dadurch fähig zu sein, effektiv in einen Angriff überzugehen.
Jede Hand hat eine bestimmte Aufgabe und Funktion. Eine Hand ist die «führende Hand», die andere ist die «attackierende Hand». Die führende Hand und die attackierende Hand sind austauschbar, je nachdem wie sie rotieren und der Körper sich hebt und senkt. Wir könnten sie mit den Händen eines Dirigenten vergleichen, welche den Fluss und die Abfolge der Musik steuern und deren Rhythmus und das Tempo kontrolliert. Die Rolle jeder Hand wechselt in Übereinstimmung mit der Drehrichtung des Körpers. Wenn sich der Körper zum Beispiel nach links dreht, wird die linke Hand zur führenden und die rechte zur angreifenden Hand. Zum Beispiel bei «Xie Xing», «Dan Bian» etc. Wenn sich der Körper nach rechts dreht, übernimmt die rechte Hand die Funktion der Führung während die linke zur attackierenden Hand wird. Zum Beispiel bei « Lan Zha Yi» , «Pie Shen Chui», etc. Es gibt spezifische Situationen wie «Jin Ji Du Li» und «Jing Gang Dao Dui» wo die angehobene Hand zur attackierenden Hand wird und die sich nach unten bewegt die führende Hand wird.
Die Funktion der führenden Hand ist es, zu neutralisieren und eine hereinkommende Kraft in die «Leere» zu führen; zur Bestimmung der Drehrichtung des eigenen Körpers zur Erleichterung der Ganzkörperkoordination, um die Richtung der angreifenden Kraft zu lenken; und die Richtung zu lenken, in welche der Gegner fallen wird. Die Funktionen der attackierenden Hand ist gradliniger und beinhaltet folgendes: Stellung, Spirale, Abwehr. Zusammen mit der rotierenden Bewegung des Körpers reichen sie aus, um einen Angriff auszuführen. Durch das Bestimmen der Rollen der führenden und attackierenden Hand kann der Übende die Koordination und Zusammenarbeit der beiden Hände erschaffen. Wenn beide Hände synchronisiert sind, haben sie die Fähigkeit «den Gegner ins Leere zu führen» und können effektiv eine Technik anwenden. Die attackierende Hand folgt der rotierenden Richtung der führenden Hand und hängt von folgenden Situationen ab, damit sie sich im Einklang mit der anderen Hand bewegt:
Erstens, beide Hände bewegen sich parallel und bilden eine Bogenbewegung in die gleiche Richtung und überkreuzen sich nicht. Zweitens und drittens, Bogenbewegungen, welche daraus resultieren, dass sich beide Hände in eine gegenteilige Richtung bewegen.
Die erste Situation ermöglicht die fünf Jin (Kräfte): Peng , Lu , An, Cai und Lie. Die zwei Hände sind parallel, damit gewährleistet ist, dass sich die Hände während der Bewegung nicht überkreuzen oder auch, wenn sie sich ausdehnen. Falls sie sich kreuzen, hast du mindestens einen der fünf Hauptfehler begangen: Flachheit, Linearität, Vorstehen, Winkligkeit und gebrochene Energie. Wenn dieser Fehler begangen wird, ist die Angriffs- und Abwehrfähigkeit und der Einsatz von Techniken reduziert.
Die zweite und dritte Situation befähigen ein Individuum, symmetrische und zusammenhängende Jin (Kräfte) in gegenteilige Richtungen auszuführen. Solche Situationen ermöglichen folgende Kräfte: Peng, Ji, An, Cai, Lie und Zhou. Bei der Anwendung muss der Bewegungsbogen gerundet sein und darf nicht flach, konvex sein oder solche Probleme wie gebrochene Energie ausweisen. Beim Schliessen müssen die beiden Hände Charakteristiken von nach «äusserlich gerundet» nach «innerlich verstrebt» und gegenseitige Kontraktionen und Verbindungen zeigen. Dies ist eine Grundvoraussetzung der beiden Hände. Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind, können die «führende Hand» und die «attackierende Hand» nicht etabliert werden.
In der Praxis und im Kampf spielt die führende Hand eine grössere Rolle als die attackierende Hand. Bögen und Rotationen machen es einer hereinkommenden Kraft unmöglich einen Hebelpunkt zu finden, es macht das Neutralisieren nahtlos. Die führende Hand beeinflusst auch die Anwendungen von Kraft in ihrer Richtung, Qualität und Tempo.
Insbesondere die schnelle Veränderbarkeit der führenden Hand zeigt oft die unvorhersehbare und unerwartete sich ausdrückende Jin – Kraft von Taijiquan. Sie zeigt auch die einzigartigen Charakteristiken von Kong (leer) , Ling (agil), Huo (lebendig) und Cui (klar). Je harmonischer und synchronisierter die beiden Hände sind, desto effektiver ist die Koordination und Kontrolle der führenden Hand.
Die attackierende Hand arbeitet in kompletter Synchronisation mit der führenden Hand zusammen und attackiert nicht unabhängig. Ohne die Richtung der führenden Hand wird die attackierende Hand unintelligent, blind und die ausgesendete Kraft wird so zur «dummen Kraft». Also können wir sagen, dass die führende Hand der Führer und die attackierende Hand der Gefolgsmann ist.
Sie muss nur die Aufgaben der Spirale, dem Ausdehnen und dem Fixieren erfüllen. Die Spirale setzt die Anwesenheit von Shun Chan und Ni Chan (natürliche und umgekehrte Spirale) voraus. So wird die Grundlage für die rotierende Kraft kreiert. Ausdehnen bedeutet, dass die attackierende Hand, Bogenbewegungen und Zentrifugalkraft gegen einen Gegner eingesetzt werden, um diesen zu entwurzeln. Fixieren bedeutet, dass der Ellbogen nicht schweben darf und dass es keine Fehler gibt bezüglich Schultern anheben oder diese locker zu lassen, wenn Kraft verwendet wird.
Um klar zu sein, die führende Hand ist nicht unbedingt leicht oder die attackierende Hand immer kraftvoll. Wir betonen die Kooperation und Koordination der beiden Hände, da sie einander unterstützen und ergänzen. Zum Beispiel beim «Yan Shou Gong Quan» (Die Hand versteckt Arm und Faust). Der Körper dreht sich nach links und macht die linke Hand zur führenden Hand. Die linke Seite hat Energie im Ellbogen und erzeugt Kraft «mittels der Verbindung durch den Rücken» mit der rechten Hand. Die rechte Seite übernimmt die Aufgabe der angreifenden Hand. Der insgesamt kraftvolle, schnelle und knackige Faustschlag der rechten Hand ist abhängig von der Führung der linken Hand. Ohne diese kann es keine ganzheitliche (einheitliches) Ganzkörper- Jin (Kraft) eingesetzt werden.
Übende sollten die Gründe studieren, warum die spezifischen Bewegungsanforderungen von «zuerst vorwärts vor rückwärts, zuerst links vor rechts, zuerst nach oben vor nach unten und umgekehrt und so weiter…»
Letzten Endes ist die führende Hand von der Ganzkörperentspannung geführt. Es ist nicht nur so, dass die führenden und die attackierenden Hände nicht als absolut zu verstehen sind. Sondern auch so, dass sie in einem dauernden Wechsel sind in Übereinstimmung mit den Wechseln im Körper. Aufgrund seines Potenzials für schnelle Wechsel, besitzt Taijiquan unlimitierte Möglichkeiten, welche es zu einer unergründlichen und beeindruckenden Kampfkunst machen.
Nach mehr als dreissig Jahren unterrichten um die ganze Welt bist du nach China zurückgekehrt. Was ist dein Eindruck über den Zustand dieser Kampfkunst in ihrem Heimatland und was ist deine Zukunftsvision?
CXW: Während meines Lebens habe ich daran gearbeitet orthodoxes Taijiquan und Taiji Kultur zu verbreiten. Ich glaube, dass ich einige Fortschritte gemacht habe. Ich bin jedoch besorgt, dass die Übertragung in China gelitten hat aufgrund falscher Vorstellungen und Voreingenommenheiten über seine wahre Natur. Teilweise sind viele dieser Ungenauigkeiten auf die unregulierte und leere Verbreitung entstanden. Ein Teil des Problems ist das Fehlen von Standardkriterien. Taiji, als Quintessenz von traditioneller chinesischer Kultur, hat eine systematische tiefgreifende Theorie und das Erlernen und Verständnis dieser kann nicht in einem einzelnen Tag erreicht werden. Deshalb kann die Kommunikation und Entwicklung von Taijiquan nicht getrennt werden von seiner Erkundung und dem Streben nach seiner umfassenden tiefgreifenden Theorie. Damit es zum Verständnis der Theorie und dessen, was sie bedeutet und vermittelt kommen kann, braucht es ein Streben nach Verwirklichung dieses Kernsystems und seiner Werte. Nur dadurch können wir vermeiden, dass Taiji oberflächlich wird oder es sogar zu einer Krise seines Erbes kommt.
Meine Rückkehr nach China geschah aus Pflicht und Vision – meine Pflicht für die Kontinuität und Verkörperung von chinesischer Kultur und meine Vision um die Bekanntheit dieser traditionellen Kunst zu erhöhen. In sechzig Jahren gab es nie einen Unterbruch in meinem Training und dreissig Jahre lang habe ich die Kunst meiner Familie gefördert und diese in die Aussenwelt gebracht. Heute bin ich zurückgekehrt zu einem neuen Startpunkt. Ich greife auf meine jahrzehntelangen Erfahrungen und Erkenntnisse zurück. Mein Ziel ist es, die Ausbreitung und die Entwicklung von Taijiquan zu neue Höhen zu verhelfen, nicht nur die Kunst von Taijiquan umfassend zu lehren, sondern auch seine Ideologie und seine Kriterien.
Wenn die letzten dreissig Jahren dieser Erzählung den Prozess der Aussaat repräsentieren, welche es den Menschen rund um die Welt ermöglichten Taijiquan kennenzulernen, zu verstehen und es zu praktizieren, sind wir heute beim Prozess der Keimung angelangt. Jetzt muss die Magie von Taijiquan vollständig gezeigt werden. Die Kunst ist grenzenlos und ein Leben ist unzureichend, um sein Wunder zu entdecken.
Ich bemühe mich um logische (wissenschaftliche) Erklärungen von Aspekten, welche der Aussenwelt als mysteriös erscheinen können. An den Orten, wo ich auf meinem Taiji Weg verloren war, habe ich Strassenschilder aufgestellt, damit spätere Generationen weniger Umwege machen müssen.
Chen Xiaowangs 18 goldene Regeln des Taijiquan
1. Die Hauptfähigkeit, welche wir im Taijiquan trainieren, liegt in der Kultivierung de Geistes und der Seele, nicht in Fähigkeiten wie Treten oder Schlagen.
2. In Bewegung oder Stille muss das zentrale Gleichgewicht erhalten bleiben, damit kein Überschuss und kein Mangel entsteht.
3. Behalte immer die vier Charakteristiken in deinem Geist: Zhong Ding (zentrales Gleichgewicht) Zheng Ti(verbundener Körper), Bu Yong Li (vermeide es Kraft zu brauchen); im Tui Shou : Shun Fang Xiang Zhuan Quan (Folge der Richtung der kreisförmigen Rotation).
4. Achte auf die Kultivierung und den Gebrauch des Geistes. Ob es sich um Fähigkeiten im Training oder darum geht, die Körperhaltung zu korrigieren, die Bedingung ist immer «Geist zuerst, Körper danach». Wenn sich die Absicht bewegt, folgt die Form. Das ist die Essenz von Taijiquan.
5. Gebrauche Yi (Absicht) um Qi zu führen und Qi um den Körper zu transportieren (bewegen). Wenn Yi kommt, kommt Qi und danach kommt die Bewegung.
6. Wenn man in Kontakt mit einem Gegner ist, braucht man Yi (Absicht) um die hereinkommende Kraft aufzunehmen und zu absorbieren und diese in die Unterseite der Füsse zu bringen. Erhebe die Wurzeln des Gegners nach oben, sodass sein Qi schwebt. Brauche Rückprallkraft vom Boden, um den Gegner kraftvoll wegzustossen.
Dies ist «Hu» (Ausatmen). Deshalb ist das Atmen im Taiji nicht normales Atmen des Mundes und der Nase.
7. Das «Atmen» im Taijiquan bezieht sich auf die Kontraktions- und Ausweitungskraft des ganzen Körpers – speichern, aussenden, öffnen, schliessen, aufnehmen und abgeben. «Einatmen» ist der Prozess des Speicherns von Jin, «Ausatmen» ist der Prozess des Abgebens von Jin.
8. Innere Energie wird heimlich gebraucht, um die Körperhaltung zu kontrollieren und sich den Wechseln der Gegnerin anzupassen. Deshalb sollten innere Bewegungen nicht wahrnehmbar sein für andere.
9. Die Essenz der Methode von Taijiquan um innere Fähigkeiten zu kultivieren liegt in:
Das zentrale Gleichgewicht halten, während die Körperhaltung korrigiert wird; Yin und Yang ausdrücken beim Aufnehmen und Freigeben; ein komplett verbundener Körper welcher Spiralen und Kreise in jeder Bewegung manifestieren kann; und erinnern, dass Absicht gebraucht wird und nicht Kraft.
10. Im Training von Taijiquan:
a) Versuche nicht Qi anzuwenden. Das Resultat von Qi anzuwenden ist die Stagnation.
b) Brauche kein Li (Kraft). Wenn Li gebraucht wird, ist die Aktion «gebrochen» (isoliert).
c) Brauche kein Fa (Technik), weil Fa ist limitiert. «Zuerst hast du Technik, danach hast du keine Technik».
Nur wenn du diesen drei Punkten folgst, kannst du die höhere Ebene erreichen.
11. Wenn du nicht bereit bist, bitter und hart zu arbeiten, damit du deine Grundhaltung etablieren kannst, wirst du nie fähig sein Taiji Jin (Taijikraft) anzuwenden, geschweige denn verbundenes, innewohnendes Jin.
12. Das Dao (Weg) von Taijiquan liegt in den Bereichen von Körperkenntnis und körperlichem Erwachen und das Fundament von Taijiquan ist Quan (Boxen oder Kampfunst). Das Qi ist in den Füssen und der Körper braucht keine Kraft. Wenn die zwei Wirkungen von Yin und Yang verstanden werden, führt dies zu Myriaden von Erkenntnissen.
13. Äusserlich trainiert Taiji die Hände (Shou), Augen (Yan), Körper (Shenfa) und Fussarbeit (Bu). Innerlich trainiert es den Herz – Geist (Shen), die Absicht (Yi), Qi und Jin. Nur wenn diese acht Aspekte hochgradig koordiniert und verinnerlicht sind, kann man die Harmonisierung eines vollständig verbundenen, integrierten Körpers erreichen.
14. Tausend Bewegungen sind leicht zu lernen, aber ein Jin zu lernen ist schwierig. Beim Kontaktmachen sind die Extremitäten leer und bei Kontaktaufnahme wird nach Exaktheit gestrebt.
15. Die Fähigkeit exakt zu sein, während man zentral stabil bleibt, ist wahres Gong Fu (Fähigkeit) von Taijiquan. Fang Song (Entspannung) ist das nötige Training, um diese Fähigkeit zu erreichen.
16. Wenn das innere Jin (verbundene Kraft) seine höchstmöglichen Standart erreicht hat, sind Yin und Yang gegenseitig koexistierend und Absicht, Haltung, Qi und Kraft vermischen und vereinen sich. Es ist die Fähigkeit inneres Jin zu gebrauchen, welche es ermöglicht eine Person zu destabilisieren, ohne zuerst eine neutralisierende Kraft eingesetzt zu haben. (Während dem Neutralisieren sollte man Energie speichern, damit man sofort attackieren und die hereinkommende Kraft zerstreuen kann).
Dies ist die Fähigkeit von Ausbreitung, Abdeckung, Kontern und Einnehmens.
17. Um die Haltung zu stabilisieren, muss jede Bewegung bestimmte Erfordernisse erfüllen: «Wenn es oben gibt, muss es unten geben; wenn es vorne gibt, muss es hinten geben; wenn es links hat, muss es rechts haben, mit Kraft von den Wurzeln, abgegeben durch die Wirbelsäule und in den Händen geformt währenddessen Absicht und nicht Kraft gebraucht wird». Dies muss alles da sein, damit Gong (Fähigkeit) natürlich erreicht werden kann.
18. Um effektiv zu sein, müssen Körper und Atem koordiniert sein, mit Yin- Yang, Aufnehmen und Abgeben, Öffnen und Schliessen, Speichern und Aussenden.
Einatmen ist Yin und Ausatmen ist Yang.
(Übersetzt von Chen Taiji Bern)